Veranstaltungen

Italien im Jahre zehn

von Edoardo Erba

(Italia Anni Dieci)
ATIR Teatro Ringhiera, Mailand (Italien)
Inszenierung: Serena Sinigaglia
Bühne: Maria Spazzi
Kostüme: Federica Ponissi
Darsteller: Luca D’Addino, Mattia Fabris, Maria Pilar Pérez Aspa, Beatrice Schiros, Chiara Stoppa, Sandra Zoccolan
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Dauer: 1:40 h

Mit Unterstützung von Next 2013 in Zusammenarbeit mit La Corte Ospitale, Reggio Emilia (Italien)

 

„Wenn Sie sich ein populäres Theater im intelligentesten Sinne der Terminologie wünschen, dann beeilen Sie sich, diese Vorstellung zu besuchen, die in der Lage ist, mit entwaffnender Offenheit über uns zu sprechen.” (La Repubblica di Milano)

„Eine erbarmungslose Komödie, zwischen Zynismus und Zärtlichkeit in den Beziehungen, übersät mit einer Reihe emblematischer Figuren des auseinanderdriftenden Italiens.” (Avvenire di Milano)

 

„ …  Ich habe immer gedacht, es sei eine der Aufgaben des Theaters, die Gegenwart zu reflektieren. Nichts Schwierigeres als das. Sobald du versuchst den Augenblick zu erzählen, ist er schon vergangen. Und schwierig auch deshalb, weil du eine Situation kaum tiefgründig verstehen kannst, wenn du bis zum Hals darin verwickelt bist. Und dennoch lohnt die Mühe, zu erforschen und zu reflektieren, was wir sind, welche Rolle wir in dieser komplexen und widersprüchlichen Zeit spielen. Zunächst können wir daraus lernen, später werden wir vielleicht befähigt sein, eine bessere Zukunft zu erschaffen.

Vor ungefähr zwei Jahren kontaktierte ich einen italienischen Autor, den ich sehr schätze: Edoardo Erba. Ich wollte über Italien sprechen und über das heutige Italien. Ich wünschte mir einen chorischen Text, der über die Krise sprach, besser noch, über den gesellschaftlichen und kulturellen Abgrund in den wir gestürzt sind und aus dem wir uns anscheinend nicht mehr herausziehen können. Edoardo hat die Herausforderung angenommen und wir arbeiteten nahezu zwei Jahre eifrig an diesem Text. So entstand ‚Italia anni dieci‘ – Italien im Jahre zehn.

‚Italien im Jahre zehn‘ erzählt die Geschichte mehrerer Figuren: Eines Industriellen am Rande des Selbstmords und seiner Gattin, Sklavin ihres Erscheinungsbilds, einer schützenden Mutter, ihrer ewig arbeitslosen Tochter, eines Salsa-Tanzlehrers, eines orientierungslosen Intellektuellen und einer albanischen Altenpflegerin. Während die Wirtschaftskrise sie erbarmungslos entblößt, kreuzen sich ihre Schicksale. Der Industrielle findet nicht den Mut, mit irgendjemandem über seinen bevorstehenden Bankrott zu reden und auch nicht, obwohl er es will, Selbstmord zu begehen. Er gibt der Beharrlichkeit seiner Ehefrau nach und stellt das arbeitslose Mädchen ein, die ihrerseits glücklich in das Meer von Arbeit und Leben eintaucht, ohne zu wissen, dass darin kein Wasser mehr zu finden ist. Bis die Mutter des Mädchens etwas über die Realität erfährt und beschließt, dem Industriellen eine kleine Erbschaft anzubieten, im Tausch für eine feste Arbeitsstelle für die Tochter. In einer Gesellschaft, in der alle Bezugspunkte kurz davor sind, sich in der Luft aufzulösen, in der alle Sicherheiten der Vergangenheit verschwunden sind und uns finstere Wolken die Sicht auf die Zukunft nehmen, bewegen sich die Menschen blind und klammern sich dabei, um nicht unterzugehen, an allem fest, das einen Schein von Gewissheit haben könnte. Wie in einem Film, der verkehrt herum abgespielt wird: Man arbeitet nicht mehr, um bezahlt zu werden, sondern zahlt, um arbeiten zu können. Und auf den Trümmern wird getanzt, statt diese zu beseitigen und zu versuchen, etwas Neues aufzubauen.

Zynisch, neurotisch, erbarmungslos und doch zart und komisch, trägt ‚Italien im Jahre zehn‘ den Zuschauer ins Auge des Zyklons, verwickelt ihn in den Strudel des Dramas und gibt ihm ein kaleidoskopisches Bild der Krise wieder, die wir gerade durchqueren.

Die Erkundungsreise in dieser anstrengenden und schmerzhaften Gegenwart ist auch die Reise einer Künstlergruppe, die nach mehr als fünfzehn Jahren, hartnäckig ein Projekt und eine gemeinsame Leidenschaft miteinander teilen für ein ‚ziviles‘ Theater, nein, vielmehr, besser noch: für ein ‚politisches‘ Theater, für das Volk und mit dem Volk.”

Serena Sinigaglia
 

Serena Sinigaglia

geboren 1973 in Mailand, Italien, studierte Theaterregie an der Civica Scuola D’Arte Drammatica Paolo Grassi in Mailand. 1996 gründete sie das ATIR-Ensemble und übernahm dessen künstlerische Leitung – seit 1997 festes Ensemble des Teatro Ringhiera Milano.

Ihre Debütarbeit war „Romeo und Julia” von William Shakespeare. „Lear oder Alles über meinen Vater”, basierend auf „König Lear”, ebenfalls von Shakespeare, „Die Troerinnen” von Euripides (vor genau zehn Jahren mit überwältigendem Erfolg im Rahmen vom SETT im Theater tri-bühne aufgeführt), „Die Weibervolksversammlung” von Aristophanes sowie „Bluthochzeit” von F. Garcia Lorca gehören zu ihren bemerkenswerten Inszenierungen der Klassik. Serena Sinigaglia hat auch zahlreiche zeitgenössische Autoren, italienische vor allen, inszeniert. Und das nicht nur im „heimatlichen” Teatro Ringhiera, sondern auch an den ersten Häusern Italiens wie zum Beispiel im Piccolo Teatro di Milano. Unvergesslich ist ihre Performance „Die Schönheit und die Hölle” von und mit Roberto Saviano, eine Produktion des Piccolo Teatro, an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin im Jahre 2010. Saviano ist der Autor des Buches „Gomorrha”, das die Machenschaften der italienischen Mafia enthüllte – seit 2006 lebt er unter Personenschutz.

Seit 2001 setzt sich Sinigaglia zunehmend mit Opern auseinander, zuletzt inszenierte sie „Carmen” von Bizet beim Opernfestival Macerata in Italien.

Im Mai 2008 veröffentlichte sie ihren ersten Roman „Und alles wurde anders” im Verlagshaus Rizzoli. Ihre Theaterarbeit wurde von zahlreichen Preisen gekrönt, darunter vom „Nationalen Regiepreis Donnediscena” (2005), Franco-Enriquez-Preis (2006), Hystrio-Preis für das Ensemble ATIR (2006) und für das Teatro Ringhiera (2012), dem Milanodonna-Preis der Stadt Mailand (2007), der an Frauen verliehen wird, die zum kulturellen und gesellschaftlichen Wachstum der Stadt auf bedeutende Weise beigetragen haben, Goldmedaille der Provinz Mailand für die Tätigkeit des ATIR (2007), Mailand-für-das-Theater-Preis (2009) für die beste Theatervorstellung mit „Ein Mann von der Straße” nach Nadine Gordimer. Den Rhegium-Julii-Preis erhielt Serena Sinigaglia für den besten Debüt-Roman „Und alles wurde anders”.
 

07 Nov | Freitag | 20:00 Uhr | Ort: Theater tri-bühne
08 Nov | Samstag | 20:00 Uhr | Ort: Theater tri-bühne

Preise: 19 € (ermäßigt 14 €).

Ermäßigungsberechtigt: Schüler, Azubis, Studenten, Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Schwerbehinderte.
(Begrenztes Kontingent für ermäßigte Karten , frühe Bestellung ratsam!)

Weitere Infos zum Kartenvorverkauf
 

Siehe auch:

In meinem Alter rauche ich immer noch heimlich

von Rayhana
Koproduktion: ATIR Teatro Ringhiera, Mailand (Italien) / Theater tri-bühne, Stuttgart
Inszenierung: Serena Sinigaglia